Einen Pflegegrad richtig beantragen – Mit unserer Checkliste in 6 einfachen Schritten zum Antrag
Ein Sturz, ein Krankenhausaufenthalt oder eine schleichende Veränderung im Alltag – plötzlich wird vieles im Leben schwerer. Viele Angehörige und Betroffene fragen sich dann: Wie beantrage ich eigentlich einen Pflegegrad – und was muss ich beachten?
In diesem Beitrag begleiten wir Sie Schritt für Schritt durch den Prozess – von der Vorbereitung über die Begutachtung bis hin zu Widerspruch und weiteren Hilfen. Unsere ergänzende Checkliste zur Vorbereitung auf die Pflegebegutachtung hilft Ihnen dabei, den Überblick zu behalten und keine wichtigen Unterlagen zu vergessen.
1. Gut vorbereitet starten: Pflegetagebuch & Unterlagen
Bevor Sie einen Pflegegrad beantragen, lohnt sich eine gute Vorbereitung. So können Sie im Antrag und bei der Begutachtung besser darstellen, wie der Alltag tatsächlich aussieht.
- Pflegetagebuch führen: Notieren Sie über mehrere Tage oder Wochen, wobei Unterstützung benötigt wird – zum Beispiel bei Mobilität, Körperpflege, An- und Auskleiden, Ernährung, Hausarbeit oder bei Orientierung und Kommunikation.
- Über Unterstützungsbedarf nachdenken: Machen Sie sich in Ruhe Gedanken, welche Tätigkeiten allein nicht mehr gehen und wo regelmäßig Hilfe nötig ist – auch bei scheinbar „kleinen“ Dingen.
- Ärztliche Unterlagen sammeln: Dazu zählen ärztliche Berichte, Reha- oder Krankenhaus-Entlassungsberichte, Bescheinigungen zu Therapien sowie eine aktuelle Medikamentenliste mit Dosierungen.
- Hilfsmittel-Liste anlegen: Halten Sie fest, welche Hilfsmittel bereits genutzt werden (z. B. Rollator, Pflegebett, Inkontinenzmaterial).
- Pflegeberatung nutzen: Eine unabhängige Pflegeberatung kann Ihnen helfen, den Bedarf besser einzuordnen und offene Fragen zu klären.
2. Antrag bei der Pflegekasse stellen –
formlos & unkompliziert
Der Antrag auf einen Pflegegrad wird bei der Pflegekasse gestellt, die bei der Krankenkasse angesiedelt ist. Ein kurzer formloser Antrag genügt zunächst – etwa per Telefon, E-Mail oder schriftlich.
- Nennen Sie Name, Geburtsdatum und Versichertennummer der betroffenen Person.
- Bitten Sie ausdrücklich um Feststellung eines Pflegegrades.
- Die Pflegekasse bestätigt Ihnen den Antrag schriftlich und leitet alles Weitere in die Wege.
Wichtig: Das Datum des Antragseingangs ist für den Beginn eventueller Leistungen entscheidend. Stellen Sie den Antrag deshalb so früh wie möglich.
3. Termin mit dem Medizinischen Dienst gut vorbereiten
Nach dem Antrag wird ein Begutachtungstermin mit dem Medizinischen Dienst (bei gesetzlich Versicherten) oder anderen Gutachterdiensten vereinbart. Dieser Termin findet meist in der Wohnung der pflegebedürftigen Person statt. Vor dem Termin: Unterlagen-Check
- Termin rechtzeitig abstimmen und bei Bedarf einen Alternativtermin klären.
- Pflegetagebuch und – falls vorhanden – die Pflege-Dokumentation des Pflegedienstes bereitlegen.
- Krankenversicherungskarte, persönliche Daten und eine Liste der pflegenden Personen griffbereit halten.
- Arztberichte, Therapie- und Reha-Unterlagen, Entlassungsberichte sowie die Medikamentenliste zusammenstellen und chronologisch ordnen.
- Notieren Sie sich Fragen, die Sie im Gespräch mit der Gutachterin oder dem Gutachter klären möchten.
- Überlegen Sie, wer beim Termin dabei sein kann – zum Beispiel Angehörige oder eine Mitarbeiterin / ein Mitarbeiter des Pflegedienstes.
4. In der Begutachtung nichts beschönigen
Beim Begutachtungstermin verschafft sich die Gutachterin oder der Gutachter ein Bild von der Situation:
- Es gibt ein ausführliches Gespräch über Gesundheitszustand, Alltag und Hilfebedarf.
- Die Wohnraumsituation und vorhandene Hilfsmittel werden angeschaut.
- Zum Abschluss werden Ergebnisse, Empfehlungen und mögliche nächste Schritte angesprochen.
Typische Fragen betreffen zum Beispiel:
- Körperpflege: Wie selbstständig gelingt Waschen, Duschen, Anziehen?
- Ernährung: Kann sich die Person selbst versorgen und Mahlzeiten zubereiten?
- Mobilität: Kann sie sich in der Wohnung und außerhalb sicher bewegen?
- Haushalt: Sind Einkäufe, Wäsche und Reinigung allein möglich?
- Medikamente: Können Medikamente selbstständig organisiert und eingenommen werden?
- Unterstützung: Wer hilft? Wie oft und wobei?
Ganz wichtig: Beschönigen Sie nichts. Zeigen Sie die Situation so, wie sie an einem „schlechten Tag“ ist. Hilfsangebote, Routinen oder Kompromisse im Alltag sollten nicht verborgen werden – sie sind ein Zeichen dafür, dass Unterstützung nötig ist.
5. Bescheid prüfen & bei Bedarf Akteneinsicht beantragen
Nach der Begutachtung erstellt der Medizinische Dienst ein Gutachten, auf dessen Basis die Pflegekasse den Pflegegrad-Bescheid erlässt. Dieses Gutachten wird Ihnen zugesandt und sollte sorgfältig geprüft werden.
- Ist der festgestellte Pflegegrad nachvollziehbar?
- Stimmen die Beschreibungen der Fähigkeiten und Einschränkungen mit der Realität überein?
- Fallen Ihnen Fehler oder ausgelassene Informationen auf? Notieren Sie diese.
- Wenn Sie unsicher sind, können Sie:
professionelle Beratung nutzen – etwa durch Pflegeberater:innen oder soziale Beratungsstellen, Akteneinsicht bei der Pflegekasse beantragen, um das vollständige Gutachten und die Entscheidungsgrundlage zu sehen.
6. Wenn nötig: Widerspruch einlegen & Leistungen nutzen
Sind Sie mit dem festgestellten Pflegegrad nicht einverstanden, können Sie Widerspruch einlegen.
- Der Widerspruch muss schriftlich bei der Pflegekasse eingehen.
- Die Frist beträgt in der Regel vier Wochen nach Zugang des Bescheids.
- Begründen Sie, warum der Pflegegrad aus Ihrer Sicht zu niedrig ist – am besten mit konkreten Beispielen aus dem Alltag und ärztlichen Unterlagen.
- Bei Bedarf kann ein Neuantrag gestellt werden, insbesondere wenn sich der Pflegebedarf deutlich verändert hat.
- Wird ein Pflegegrad bewilligt, sollten Sie gemeinsam mit Berater:innen einen erstellen:
- Welche Leistungen passen zu Ihrer Situation (Pflegegeld, Pflegesachleistungen, Kombinationsleistungen, Entlastungsbetrag etc.)?
- Welche Pflegedienste oder Betreuungsangebote kommen in Frage?
- Welche Unterstützung brauchen pflegende Angehörige (Kurse, Selbsthilfegruppen, Beratung)?
Eine Checkliste zur Pflegebegutachtung
Um Sie im gesamten Prozess zu unterstützen, haben wir eine ausführliche Checkliste zur Vorbereitung auf die Pflegebegutachtung – zur Einreichung durch den Hausarzt, den Pflegedienst oder auf Eigeninitiative erstellt.
Sie führt Sie durch:
● die Vorbereitung vor dem Termin (Unterlagen-Check, Pflegetagebuch, Fragenliste),
● den Ablauf während der Begutachtung (Gespräch, Wohnraumsituation, typische Fragen),
● die Nachbereitung (Bescheid prüfen, Widerspruch, weitere Unterstützungsangebote).
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Diese Übersicht und die Checkliste wurden von der Volkssolidarität Landesverband Sachsen e.V. erarbeitet und der Volkssolidarität soziale Dienste oberes Vogtland e.V. zur Verfügung gestellt